Martin Strohmeyer/ April 3, 2017/ Ersatzteildatenmanagement, Ersatzteile, Problembeschreibung, Problembewusstsein/ 0Kommentare

Management der Ersatzteile – Herausforderungen und Probleme

Dieser Beitrag behandelt die spürbaren und versteckten Probleme im Ersatzteilmanagement, sei es in Unternehmen mit einem Standort mit zentraler Datenhaltung oder in Unternehmen mit mehreren Standorten mit dem Anspruch der werksübergreifenden Datenpflege. Hier wird erläutert, welche alltäglichen Vorgänge mit tiefergehenden Konsequenzen behaftet sind. Jeder Leser wird sich bis zu einem gewissen Grad in den Inhalten wiederfinden – sei es im Sinne von „bei uns läuft das alles bestens“ oder auch „oh – da haben wir noch Potential“.

Beschreibung eines nahezu alltäglichen Szenarios

Ausgangssituation Artikelsuche

Wir beginnen mit einem einfachen Beispiel. Für einen Instandhaltungsauftrag wird eigentlich ein handelsübliches „2/2-Wege Magnetventil G 1/8″ stromlos geschlossen (NC),EPDM“ benötigt. Der Instandhalter geht auf die Suche und findet im ersten Anlauf im Lager nicht das richtige Ersatzteil. Er beginnt daraufhin im ERP/IPS (wir nehmen fortan an, dass die Daten im SAP gepflegt sind, um das Beispiel einfach zu halten) nach dem Magnetventil zu suchen, um den richtigen Lagerplatz zu finden. Angenommen des Falls, dass SAP ist hinreichend konfiguriert, beginnt der Instandhalter die Suche und findeet in seiner Suchergebnisliste eine Vielzahl von Magnetventilen. Im Suchergebnis findet er in den Feldern des Materialkurztextes qualitativ unterschiedliche Bezeichnungen. Nachfolgend dazu einige Beispiele der Ergebnisse für das Suchwort „Magnetventil“:

  • Magnetventil
  • 2-2 Wege Magnetventil
  • 2/2 Magnetventil NBR
  • Magnetventil 1/8″

Vertiefung der Suche

Aus dieser Liste findet der Instandhalter nicht mit 100% Sicherheit das passende Ersatzteil heraus. Er fragt folglich den Lageristen. Dieser verwendet neben den SAP-Daten eine manuell gepflegte Excel-Liste mit einigen Parameterfeldern. Nach einiger Zeit der Filterung finden Sie ein Magnetventil, dass einigermaßen auf das gesuchte Anforderungsprofil passt. Sie ermitteln den Lagerplatz des Ersatzteils und stellen fest, dass noch Ersatzteile vorrätig sein müssten. Der Instandhalter geht zu dem angegebenen Lagerplatz und findet im Fach kein Ersatzteil vor.

Folglich wendet er sich an den Einkäufer, dass dieser ein entsprechendes Ersatzteil bestellen kann und sendet ihm die gewünschten Parameterangaben (2/2-Wege Magnetventil G 1/8″, EPDM). Der Einkäufer sucht wiederum im SAP und findet kein Ersatzteil der gewünschten Spezifikation. Er legt den Rumpf eines neuen Ersatzteils an. Er fragt beim Instandhaltungsleiter nach dem Lieferanten, der qualitativ die besten Ersatzteile liefert. Der Instandhaltungsleiter nennt einen Leiferanten. Der Einkäufer findet diesen Lieferanten nicht im System und legt einen neuen Lieferanten an.

Daraufhin wird das Ersatzteil bestellt, geliefert und direkt verbaut. Dabei wurde nicht beachtet, dass das gelieferte Ersatzteil nicht mit EPDM sondern mit NBR Dichtung geliefert wurde.

Was sind die Ursachen, die dieses Szenario auslösen?

Systementwicklung und -verwendung

Die soeben geschilderten Probleme treten in vielen Unternehmen auf, auch wenn die Unternehmen gut strukturiert und effektiv geführt und organisiert werden. Die Hauptursache ist zumeist ein historisch gewachsenes EDV-System bzw. eine historisch gewachsene EDV-Landschaft mit wechselnden Nutzern, die unterschiedliche Wissenstände, Fachbereiche, Hintergründe und Bedarfe an bestimmten Informationen haben.Je nach EDV-System ist nicht immer gewährleistet, dass alle benötigten Daten immer in einem passenden Datenfeld abgelegt sind.

So werden gleiche Bauteile wie z.B. der Wellendichtring in unterschiedlichen Regionen Deutschlands auch unterschiedliche bezeichnet oder auch abgekürzt. Die Ausprägungen der Bezeichnungen für dieses Ersatzteil (im SAP) reichen von Simmering über Radialwellendichtring bis zu den Abkürzungen WDR und RWD. Je nach Hintergrund des Mitarbeiters, der diesen Datensatz angelegt hat, sind die Daten abweichend im System gepflegt. Die Fehlerquelle Mensch, der durch einfache, z.T. durch Hektik, Stress oder einfach Unachtsamkeit ausgelöste Schreibfehler komplettiert diesen Zustand.

Wachsender Anspruch = wachsende Komplexität

Wachsender Anspruch an Planung und Automatisierung von Arbeitsabläufen führt zu einem höheren Bedarf an gepflegten Daten, vor allem an Planungsparamtern. Reichen die ursprünglich verwendeten EDV-Systeme den steigenden Ansprüchen nicht mehr aus, werden sie durch andere Systeme ersetzt, ohne konsequent die Altsysteme zu eliminieren.

So existieren teilweise mehrere Systeme parallel und die Daten sind nicht systemübergreifend synchron. Wird die Chance einer Datenbereinigung beim Systemwechsel nicht (hinreichend) genutzt, werden vorhandene Unklarheiten in Bezeichnung und Datenvollständigkeit immer mitgeführt.

Was sind die Konsequenzen aus diesem Szenario?

Dieses vielleicht etwas überspitzte Szenario deutet einige grundlegende Probleme mit weitreichenden Konsequenzen für mehrere Unternehmensbereiche an:

  1. es existieren für ein einziges Ersatzteil mehrere Datensätze, im schlimmsten Fall in mehreren EDV-Systemen
  2. in keinem System sind alle benötigen Daten gepflegt, die Systeme sind nicht synchron und liefern abweichende Auskünfte
  3. die Suche nach einem definierten Ersatzteil benötigt Zeit und ist nicht zwingend erfolgreich
  4. da Ersatzteile nicht gefunden werden, wird der Datenbestand zusätzlich aufgebläht, um „wenigstens irgendwie“ das gerade verwendete Ersatzteil zu verwalten.
  5. Ersatzteile werden weder EDV-technisch noch physikalisch sicher gefunden
  6. aus Zeitgründen (um die Maschine „schnell wieder lauffähig“ zu bekommen werden unnötige Bestellungen ausgelöst
  7. die Kapitalbindung durch einen erhöhten unnötigen Lagerbestand steigt
  8. Ersatzteile mit begrenzter Lagerdauer (z.B. porös werdende Dichtungen) werden unbrauchbar
  9. die aktuellen Lagerbestände pro Ersatzteil sind unbekannt oder zumindestens unsicher zu ermitteln
  10. eine verlässliche Bestandsbewertung ist nicht möglich
  11. eine Budgetierung des Ersatzteilbedarfs als Basis für das Ersatzteilbudget ist nicht verlässlich bis unmöglich
  12. längere Suchzeiten verlängern die Stillstandzeiten der Maschinen und Anlagen
  13. Der Verwaltungsaufwand insgesamt steigt sowohl aufgrund der zusätzlichen Suchanfragen als auch aufgrund der unnötig großen Datenmenge

Summa summarum sorgen die skizzierten Probleme zu höheren Kosten (sowohl durch zusätzliche Bestellungen als auch verlängerte Stillstandzeiten bedingt) und höherem Zeitaufwand, welche definitiv vermieden werden können.

Zentrale Datenverwaltung bei werksübergreifender Pflege von Ersatzteilen

Der oben beschriebene Zustand beschreibt einen abgegrenzten Bereich für ein Werk. Erstreckt sich die Pflege der Ersatzteildaten über mehrere Werke, gibt es weitere Herausforderungen. Neben der bereits erwähnten Benennungsproblematik werden die Daten unter Umständen in mehreren EDV-Systemen gepflegt (wie auch nach dem beschriebenen Effekt bei einer durchgeführten EDV-System-Ablösung).  Ein werksübergreifender Austausch der Ersatzteile (schnelles Aushelfen) bzw. Verlagerung der Ersatzteile z.B. bei der Ablösung einer bestimmten Maschine wird zur Herausforderung. Die zentrale Verwaltung der Ersatzteile, die auch Grundlage für einen zentralen Einkauf mit den damit verbundenen verbesserten Lieferbedingungen und geringeren Kosten ist nur mit höherem Aufwand möglich. Dies widerspricht der eigentlichen Zielstellung der zentralen Verwaltung.

Wie kann diese Situation verbessert werden bzw. wie können diese Probleme gelöst werden?

Der wohl interessanteste Punkt dieses Artikels ist mit Sicherheit nicht die Problembeschreibung und die daraus resultierenden Konsequenzen, die mit Sicherheit in jedem Unternehmen die Zielstellung der Vermeidung derer aufwerfen. Ziel dieses Artikels ist die Schaffung eines Problembewusstsein. Wir befassen uns schon seit längerer Zeit mit den Thematiken Ersatzteildatenmanagement und vor allem der Optimierung in diesem Bereich.

Haben Sie Interesse an der Lösung der oben beschriebenen Probleme oder auch nur einiger Teilaspekte daraus, so lesen Sie unseren Beitrag über die allgemeine Problembehebung im Ersatzteildatenmangement.

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